Sunflower
Evolution

Wie eine Straße
in den Himmel wächst

Mülheim steckt in einem Prozess tiefgreifender gesellschaftlicher Transformation. Investoren bietet die ehemalige Industrielandschaft des Viertels gute Anlage- und Entwicklungsmöglichkeiten. Aus der Sicht der Bewohner und der Statistik sind die Aussichten weniger attraktiv: zu wenig Arbeit und Wohnungen, überdurchschnittlich viele Kinder und Alleinerziehende, zu wenig gute Bildungsabschlüsse, mit Autos vollgestopfte Straßen, ein extremer Mangel an Grünflächen, schließlich Angst vor Prekarisierung einerseits und Gentrifizierung andererseits.

„Sunflower Evolution“ ist ein Kunst- und Partizipationsprojekt für die Kinder des Veedels, für die nächste Generation. Kunst-Projekte revolutionieren die Welt nicht. Aber sie können dazu beitragen, urbanen Lebensraum als ein komplexes und tiefgründiges ökologisches und soziales System zu sehen, zu vermessen und erfahrbar zu machen. Städtischer Raum, so die Botschaft, ist wie alles Leben gewachsen, gestalt- und veränderbar.

Pflanzliches Leben, pflanzliche „Intelligenz“ und Netzwerke sind in den letzten Jahren ein Medienthema geworden. Die wissenschaftliche Diskussion wird derzeit geführt unter dem Mode-Label des so genannten „Anthropozäns“. Sie greift exemplarisch immer wieder auf pflanzliche Organismen wie Pilze, Flechten, Moose zurück. Daneben kommt häufig auch die Sonnenblume als „Leit-Pflanze“ ins Spiel, um einen neuen systemischen Blick auf Mensch, Natur und Kultur zu eröffnen. Ganz allgemein sind Sonnenblumen ein Symbol für den Aufbruch zu einer neuen Form von Gemeinschaft und Zukunft. Diese Überlegungen stehen dem Mülheimer Projekt Pate.

Es ist angelegt als kleines Welttheater in drei Akten, die über ein halbes Jahr in Mülheim zur Aufführung kommen.

1. Schöpfung: In der „Ersten Mülheimer KinderUni“ am 20. und 21. Juni 2020 bereitet der Bonner Zellbiologe Prof. Dieter Volkmann den wissenschaftlichen und experimentellen Boden für das Projekt. Die Saat wird ausgeworfen. Sonnenblumen-Kerne werden verteilt, aus denen die Kinder „ihre“ Keimlinge ziehen. 

2. Verwandlung: Im praktischen Einsatz auf dem Feld verfolgen die Kinder bis in den Sommer das Wachstum und die Metamorphose der Keimlinge bis zur Blüte.

3. Offenbarung: Als dramatischen Höhepunkt verwandeln die Kinder nach den großen Ferien eine Mülheimer Straßentristesse, die Schützenhofstraße, mit einer „Placemaking Aktion“ in eine „Sonnenblumenallee“.

(Termin: Sonntag 13. September 2020)

Eine professionell gemachte filmische Dokumentation (Titel: „sonnen-sprossen: die veedel kinder wachsen über sich hinaus“) soll das Projekt aus der Perspektive der Kinder und ihrer Lebenswirklichkeiten im Veedel begleiten.